Klimaanpassung Risiko Stadt/Region Wissenstransfer

Stand und Fortschritt Klimaanpassung – Forschungsprojekt entwickelt neues Tool für Kommunen

Begrünte Fassade, Kö-Bogen II, Düsseldorf

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Der Klimawandel fördert Hitzeperioden, Starkregenereignisse, Überschwemmungen, Stürme oder Trockenphasen. Die kommunale Klimaanpassung zielt daher darauf ab, die lokale Widerstandsfähigkeit gegenüber diesen klimatischen Veränderungen zu stärken sowie Bürger*innen, Unternehmen und Infrastrukturen zu schützen.

Kommunen als wichtige Akteure der Klimaanpassung

Kommunen erfüllen zentrale Aufgaben der Daseinsvorsorge. Dazu zählen etwa die Stadt- und Bauleitplanung, die Instandhaltung kommunaler Verkehrsinfrastrukturen, die Bereitstellung und Pflege von Grünflächen, die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung oder der Bevölkerungs- und Gesundheitsschutz. Für die Kommunen ergeben sich damit zahlreiche Möglichkeiten, um Klimaanpassung vor Ort zu stärken, wie beispielsweise die Schaffung und Aufwertung von Grün- und Wasserflächen zur Kühlung, die Verbesserung des Abwasser- und Regenwassermanagements, die Anpassung der Flächennutzung und der Bauvorschriften sowie die Sensibilisierung und Beteiligung besonders betroffener Bevölkerungsgruppen und insgesamt der Öffentlichkeit.

Dieses Aufgabenprofil zeigt, warum Kommunen wichtige Akteure der Anpassung an den Klimawandel sind. Als unterste Verwaltungseinheit im föderalen Mehrebenensystem in Deutschland können sie Maßnahmen zur Klimaanpassung auf die spezifischen Bedürfnisse und Gegebenheiten vor Ort zuschneiden.

In den letzten Jahren ist die Aufmerksamkeit für und Beschäftigung mit Themen der Klimaanpassung in vielen Kommunen gewachsen. So informieren sich mehr und mehr Kommunen zu dem Thema, beteiligen sich an Netzwerken oder Projekten, setzen (erste) Anpassungsmaßnahmen um oder erarbeiten eine Klimaanpassungsstrategie. Befragungen und Recherchen zeigen allerdings, dass Klimaanpassung vielerorts im Vergleich zum Klimaschutz und anderen kommunalen Arbeitsfeldern eine geringere Priorität hat. Vor allem in mittleren und kleineren Städten und Gemeinden ist die kommunale Klimaanpassung als eigenständiges Tätigkeitsfeld noch Neuland.

Untersuchungen zeigen, dass verschiedene Faktoren dafür entscheidend sind, ob sich eine Kommune für Klimaanpassung engagiert. Ausschlaggebend sind verfügbares Personal, Fachkompetenzen und ausreichend finanzielle Ressourcen für Investitionen in Maßnahmen zur Klimaanpassung sowie eng damit verbunden der Zugang zu Fördermitteln. Eine Unterstützung durch Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit für Anpassungsthemen, die Integration der Klimaanpassung in bestehende kommunale Planungsinstrumente und Synergien mit anderen Themenbereichen sind ebenfalls entscheidend. Eine gute Kommunikation und Zusammenarbeit innerhalb und außerhalb der Verwaltung, klare Zuständigkeiten, das Vorhandensein von Grundlagen- oder Umsetzungswissen zum Thema Klimaanpassung in der Verwaltung, ein hohes Dringlichkeitsbewusstsein und Akzeptanz bei den Bürger*innen können förderlich wirken, während wenig flexible Verwaltungsstrukturen und unklare Rechtslagen die kommunale Klimaanpassung hemmen können.

Gerade in kleinen und mittleren sowie in finanzschwachen Kommunen sind personelle und finanzielle Ressourcen oft knapp und die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das für Klimaanpassung notwendige Wissen fehlt. In großen Kommunen können wiederum der Austausch innerhalb der Verwaltung und die Festlegung klarer Zuständigkeiten schwieriger sein.

Klimaanpassung als kommunale Querschnittsaufgabe

Die Anpassung an die Folgen des Klimawandels ist eine Herausforderung, die alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens betrifft und daher eine umfassende und integrierte Herangehensweise erfordert. Für Kommunen sind mit dieser Querschnittsaufgabe folgende Herausforderungen verbunden:

1. Fachbereichsübergreifende Zusammenarbeit

Die Auswirkungen des Klimawandels betreffen die Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten von Fachbereichen, Ressorts oder Ämtern, die zuständig sind für u.a. Stadtplanung, Grünflächen, Infrastruktur, Gesundheit, Wasserver- und Abwasserentsorgung, Landwirtschaft oder Bevölkerungsschutz. Es ist daher von zentraler Bedeutung, dass Kommunen sich und ihre Verwaltungen auf diese Veränderungen vorbereiten und die dafür erforderliche Planung und Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen vereinfachen. Wichtig ist hierfür auch die Integration von Klimaanpassungsmaßnahmen in kommunale Planungsprozesse und -strategien, um sicherzustellen, dass sie systematisch berücksichtigt werden können.

2. Interdisziplinäre und interkommunale Zusammenarbeit

Um die Anpassung an den Klimawandel bewältigen zu können, ist nicht nur die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen kommunalen Fachbereichen wichtig, sondern darüber hinaus auch der Austausch und die Kooperation zwischen Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Bürger*innen. Innerhalb einer Kommune erfordert Klimaanpassung ein gemeinsames Vorgehen dieser Akteur*innen, um Synergien zu schaffen, Ressourcen zu bündeln und voneinander zu lernen. Darüber hinaus kann auch die Vernetzung und der Wissenstransfer zwischen Kommunen die kommunale Klimaanpassung unterstützen.

3. Lokale Kenntnisse und Bedürfnisse berücksichtigen

Kommunen sind am besten mit ihren lokalen Gegebenheiten, Ressourcen und Bedürfnissen vertraut. Zudem werden regionale und lokale Daten zu aktuellen und zukünftig projizierten Klimaausprägungen zunehmend besser verfügbar. Damit können Kommunen ihre spezifischen Verwundbarkeiten gegenüber den Klimawandelfolgen besser identifizieren, zielgerichteter eine Strategie zur Klimaanpassung entwickeln und dazu passende Maßnahmen priorisieren. Für maßgenschneiderte Lösungen ist es wichtig, das Wissen und die Bedürfnisse relevanter Stakeholder, darunter auch die Bürger*innen, zu berücksichtigen.

4. Bürger*innen einbinden

Die Klimaanpassung vor Ort kann nur erfolgreich sein, wenn sie von der lokalen Gemeinschaft mitgetragen wird. In Kommunen können Bürger*innen, soziale und medizinische Einrichtungen, Teile der Wirtschaft und Zivilgesellschaut sowie weitere lokale Stakeholder aktiv eingebunden werden. Sie können über die Herausforderungen des Klimawandels informiert und sensibilisiert werden sowie zur aktiven Mitgestaltung von Klimaanpassungsmaßnahmen ermutigt oder hierbei unterstützt werden. Durch Partizipation und Zusammenarbeit kann ein breiter gesellschaftlicher Konsens erreicht werden, der die Umsetzung von Maßnahmen langfristig unterstützt.

Externe Unterstützung für kommunale Klimaanpassung

Damit die Anstrengungen für Klimaanpassung auf kommunaler Ebene erfolgreich sind, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein, die über die kommunale Ebene hinausreichen. Zu diesen günstigen Rahmenbedingungen zählen auf der Bundes- und Länderebene:

  • Politische Ziele und rechtliche Vorschriften für eine langfristige kommunale Klimaanpassung sollten formuliert und festgelegt sein.
  • Kommunen sollten einen niedrigschwelligen Zugang zu Fördertöpfen haben, die Maßnahmen zur Klimaanpassung unterstützen.
  • Zwischen den verschiedenen politischen Ebenen, Verwaltungsbereichen und Stakeholdern sollten interdisziplinäre Kooperations- und Kommunikationsstrukturen eingerichtet werden.

Auch die Forschung kann die kommunale Klimaanpassung unterstützen. Hier gibt es folgende Ansatzpunkte:

  • Fortführung und Intensivierung von Forschungsaktivitäten zur Identifizierung von Anpassungsmaßnahmen, Best-Practice-Beispielen und neuen Erkenntnissen, um fundierte kommunale Entscheidungen zu ermöglichen;
  • Berücksichtigung der Vielfalt von Kommunen hinsichtlich ihrer Größe, ihrer Vulnerabilitäten, wirtschaftlichen Voraussetzungen, Verwaltungsstrukturen usw. und ihrer dementsprechend unterschiedlichen Bedürfnisse in der Klimaanpassung;
  • stärkere Integration von Praxisakteuren und Praxiswissen in die Forschung, um den praxisnahen Wissenstransfer zu fördern und Bedürfnisse vor Ort besser zu berücksichtigen;
  • stärkere Fokussierung auf soziale, wirtschaftliche und Gerechtigkeitsaspekte der Klimaanpassung, um sicherzustellen, dass angestrebte Lösungen die Bedürfnisse und Interessen verschiedener Bevölkerungsgruppen in den Gemeinden berücksichtigen.

Wie lässt sich kommunale Klimaanpassung weiter stärken?

Um Klimaanpassung auf kommunaler Ebene weiter gezielt zu stärken, ist es für kommunale Akteure wichtig, einen bestmöglichen Überblick darüber zu erlangen, welche Voraussetzungen für Klimaanpassung vorliegen und welche Maßnahmen bereits umgesetzt wurden. Da die Klimafolgen und damit verbundene Herausforderungen für die Gemeinden, Städte und Landkreise jeweils sehr unterschiedlich sind, bedarf es eines solchen Überblickswissens, um Handlungsbedarfe zu erkennen und adressieren zu können. Eine bundesweite Erfassung der Anpassungskapazitäten und -aktivitäten in Kommunen liegt derzeit allerdings noch nicht vor. Zudem existieren im Bereich Klimaanpassung – anders als beim Klimaschutz, bei dem die Reduktion von CO2 bzw. CO2-Äquivalenten als messbarer Indikator genutzt wird – keine vergleichbaren, einfachen Kennzahlen, die es ermöglichen würden zu ermitteln, wie klimaangepasst eine Kommune eigentlich ist. Dies erschwert einen Vergleich zwischen Kommunen, um etwa identifizieren zu können, wo mehr Unterstützungsbedarf nötig ist. Die Anpassungsforschung widmet sich seit einigen Jahren intensiv dieser komplexen Fragestellung.

Das ISOE wurde vom Umweltbundesamt (UBA) mit dem Projekt „KomKlAn – Stand und Fortschritt kommunaler Klimaanpassung in Deutschland“ (Laufzeit: Oktober 2022 – September 2025) beauftragt. In diesem Projekt werden Ansätze identifiziert, erarbeitet und umgesetzt, die Informationen und Daten zum kommunalen Anpassungsfortschritt systematisch erfassen und evaluieren. Kleine und mittlere Kommunen stehen im Mittelpunkt der Forschung.[1]

Eines der Ziele des Projekts ist es, ein Online-Tool zu entwickeln, mit dem Kommunen eigenständig ihren Stand in der Klimaanpassung und ihre Klimaresilienz ermitteln können. An der Entwicklung des Tools werden Vertreter*innen der Kommunen eng beteiligt, um so die spezifischen kommunalen Bedürfnisse angemessen adressieren und technische sowie nicht-technische Umsetzungshürden identifiziert zu können. Eine zukünftig engere Zusammenarbeit zwischen (Kommunal-)Politik und Forschung ist ein zentraler Baustein, um den Herausforderungen der kommunalen Klimaanpassung angemessen begegnen zu können. Damit Städte und Gemeinden widerstandsfähiger gegenüber den Folgen des Klimawandels werden und dabei zugleich lebenswerte Orte bleiben, bedarf es einer ganzheitlichen Herangehensweise unter Beteiligung unterschiedlicher Akteure sowie gezielte Unterstützungsangebote, um wirksame und praktikable Lösungen zu entwickeln und umsetzen zu können.


[1] Ein weiteres Projekt des ISOE zum Thema Klimaanpassung ist das Forschungsprojekt „WissTransKlima – Wissenstransfer für eine bessere Klimaanpassung in Kommunen“ www.isoe.de/nc/forschung/projekte/project/wisstransklima


Autor*innen

Thomas Friedrich

Thomas Friedrich ist seit 2019 wissenschaftlicher Mitarbeiter am ISOE im Forschungsschwerpunkt Energie und Klimaschutz im Alltag. Er studierte und promovierte in Sozial- und Kulturanthropologie an den Universitäten Köln und Hamburg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört das Thema Klimaanpassung. Seit seiner Promotion am Hamburger Exzellenzcluster „Integrated Climate System Analysis and Prediction“ (CliSAP), für die er eine mehrmonatige ethnographische Feldstudie zur Wahrnehmung des Klimawandels auf den von extremen Klimafolgen besonders betroffenen Philippinen durchgeführt hat, beschäftigt ihn die Frage, wie sich Menschen und Gemeinden besser an die Folgen des Klimawandels anpassen können.

Antje Otto

Dr. Antje Otto ist seit September 2012 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl „Geographie und Naturrisikenforschung“ am Institut für Umweltwissenschaften und Geographie der Universität Potsdam. Zuvor arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung in Dresden (2010–2012). Ihre Dissertation schloss sie 2018 an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg zu lokalen Konflikten im Bereich der Energiewende und des Naturgefahrenmanagements ab. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehörten in den letzten Jahren u.a. die Klimaanpassung und das Naturgefahrenmanagement von Kommunen und weiteren Akteuren.

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